Eine sinnliche Schule Teil 3
3. Die Entäuschung
Sie schlief in dieser Nacht kaum. Linda erwischte sich immer wieder dabei, wie sie an ihren Haaren rumzwirbelte, kaum ruhig sitzen bleiben konnte und das Herz in ihrer Brust pochte schneller als je zuvor. Marlons Worte hatten mehr Wirkung auf sie, als sie zugeben wollte. Allein schon die Tatsache, dass sie überhaupt nur einen Gedanken daran verschwendet hatte, mit ihm zu schlafen, war lächerlich. War sie denn wirklich so schlecht? War sie nicht besser als Peter, der auch nur daran gedacht hatte, sie zu betrügen? Es war auch so schon schlimm genug. Wie eine Hure hatte sie sich von fremden Männern fingern und lecken lassen und sie hatte davon geträumt, Marlons steifes Glied tief in sich zu spüren. Zuerst hatte sie ihn tatsächlich nett gefunden, aber jetzt dachte sie, dass er auch nicht besser als die Anderen war.
In dieser Nacht wünschte sie sich das erste Mal seit langem wieder an Peters Seite. Peter ließ sie eine anständige Frau sein, er hätte sie niemals als Sexualobjekt behandelt.
Irgendwann erwischte sie sich beim Heulen und bei dem Wunsch, eine Zigarette zu rauchen. Eigentlich hatte sie das Rauchen bereits vor einigen Jahren aufgegeben, aber der Gedanke an ihre Glimmstängel beruhigte sie etwas.
Am nächsten Morgen waren ihre Augen vom Schlaf verklebt. Sie hatte Mühe sie aufzubekommen, als sie hörte, wie jemand an ihre Türe hämmerte. „Linda, es ist Zeit für Sie aufzustehen.“ Marlon. Widerwillig schlürfte sie aus dem Bett, gab ein paar Laute des Unmutes von sich und schlüpfte in die Badewanne zum Duschen. Selbst eine Wechseldusche konnte sie nur kurzzeitig wach halten. Die Verlockung, wieder ins Bett zurückzukrabbeln war groß – riesig. Dennoch wusste sie, dass sie keine Gelegenheit haben würde, um weiterzuschlafen. Man würde sie wecken. Außerdem war die Nacht anstrengend gewesen und hatte ihren Hunger geweckt. Wehe dem, der mich heute anspricht, dachte Linda grimmig, als sie einen Blick in den Spiegel warf. Grummelnd kämmte sie ihr Haar und versuchte das aschfahle Gesicht im Spiegel zu ignorieren. Trotzdem fiel ihr Blick immer wieder auf die dunklen Ringe, die ihre Augen untermalten. Ohne noch einmal in den Spiegel zu blicken drehte sie sich um und machte sich auf den Weg in den Speisesaal.
Einige der Tische waren bereits besetzt. Linda fand noch einen am Fenster, an dem zwei junge Männer saßen. Mit ihrem Teller und dem Kaffee bewaffnet, steuerte sie auf den Tisch zu. „Ist hier noch frei?“ „Aber natürlich. Setzen Sie sich doch. Sind Sie neu hier?“ Linda lächelte. „Ihre erste Nacht? Sie sehen nicht so aus, als hätten Sie besonders gut geschlafen.“ Ihr Lächeln verschwand. Der Mann war sehr direkt, auch wenn er offensichtlich recht hatte. „Mein Name ist Joe,“ hörte sie ihn sagen. „Und das hier ist Michael. Er ist etwas stiller.“ Wenn Joe den Mund nicht zukriegt, ist es kein Wunder, dass dieser Michael ihn nicht aufkriegt, dachte sie sich still. „Ich bin Linda.“ „Das ist ein schöner Name.“ Joe lächelte. Linda sah ihm an der Nasenspitze an, dass seine Worte geflunkert waren. Sie beeilte sich mit ihrer Mahlzeit, um Joe möglichst schnell loszuwerden. Männer die sich einschleimen wollten, waren ihr sehr unsympathisch. Ehrliche Männer hatten so etwas gar nicht nötig. Schade nur, dass dieser Michael noch kein Wort gesagt hatte. Vielleicht war er ja netter. Andernfalls wäre es bei manchen Leuten ein Segen, sie würden die Klappe halten. Ob dem bei Michael auch so war, konnte sie nicht beurteilen. „Tja, ich muss dann mal. Meine erste Stunde beginnt gleich.“ Linda versuchte, ihre Worte bedauernd klingen zu lassen. „Man sieht sich sicherlich wieder. Ich freue mich schon.“
Als Linda sich auf den Weg zum Ausgang machte, hoffte sie nur, dass es noch lange hin war, bevor ihr dieser Joe noch mal über den Weg laufen würde. Wäre sie vernünftig, hätte sie die Nacht eh nicht mit Grübeln sondern mit der Suche nach einer Fluchtmöglichkeit verbracht.
Sie spürte, wie ihre Augen wieder schwerer wurden und sie musste sich große Mühe geben, sie offen zu halten. „Großer Gott Linda, wie sehen Sie aus?“ Sie hatte Marlon gar nicht bemerkt gehabt. „Ich hatte eine lange Nacht.“ Ihre Stimme klang nicht besser, als sie sich fühlte. „Gehen Sie zurück ins Bett, Linda. Ruhen Sie sich noch ein bisschen aus. Ich werde Sie in 3 Stunden genau hier wieder treffen. Sollten Sie nicht auftauchen, komme ich Sie persönlich wecken.“ Im ersten Moment glaubte sie, seine Worte nur geträumt zu haben. Die Vorstellung, noch ein bisschen Schlaf zu bekommen war mehr als nur reizvoll. „Danke.“ Ihre Stimme klang belegt und erschöpft. „Tanken Sie neue Energie, Linda. Die werden Sie brauchen.“
Ein Klopfen an der Tür weckte sie. Linda setzte sich schlagartig im Bett auf. Im Zimmer war es hell. Wie spät war es? Sie schielte zu ihrer Zimmeruhr. 12 Uhr. Dann fielen ihr Marlons Worte ein. „Linda, öffnen Sie die Tür.“ „Nein.“ Woher ihr Trotz kam, wusste sie nicht, aber die Worte waren schneller da, als sie denken konnte. „Seien Sie vernünftig, Linda. Wenn Sie die Türe nicht öffnen, muss ich Guy hinzuholen. Möchten Sie wirklich Ärger mit mir bekommen, Linda?“ Wollte sie das? Wollte sie sich mit Marlon anlegen – dem Menschen hier, der am ehesten die Bezeichnung nett verdiente? Wahrscheinlich verhielt sie sich kindisch, ganz furchtbar kindisch sogar, aber etwas in ihr war aufgetaucht, um die Grenzen auszutesten. Was würde er tun, wenn sie nicht öffnete? Musste sie zur Strafe einhundert Mal den selben Satz auf ein Stück Papier schreiben, so wie früher in der Schule?
Marlons Schritte entfernten sich. Linda erhob sich, öffnete die Schranktür und kletterte in den Schrank. So gut es ging zog sie die Tür hinter sich zu. Ihr Verhalten kam ihr selbst unangemessen vor und dennoch drängte etwas in ihr sie dazu. Als sich vor der Tür wieder Schritte näherten, schwieg sie gespannt.
Ein Schlüssel wurde ins Schloss gesteckt und die Tür wurde damit aufgeschlossen. Der Schlüssel, der von innen gesteckt hatte, war aus dem Schloss gefallen. „Wo ist sie? Sie muss doch hier irgendwo sein.“ Guys Stimme. Eine unbekannte männliche Stimme ergänzte: „Sie hat sich versteckt.“ „Ihr könnt mich nun alleine lassen, ich werde die Sache mit ihr klären,“ hörte sie Marlon sagen. „Bist du sicher?“ fragte Guy ihn. Anscheinend hatte Marlon genickt oder ein anderes Zeichen gegeben, denn die Schritte entfernten sich wieder. „Glauben Sie, dass es etwas bringt, sich vor mir zu verstecken, Linda?“ Natürlich brachte es nichts, außer einem bisschen Genugtuung, Genugtuung für die Zeit in dieser Schule, für die Selbstentfremdung, für die schlaflose Nacht.
Es dauerte ein paar Minuten, bis sie hörte, dass er sich am Schrank zu schaffen machte. Er riss die Tür auf und blickte genau auf sie herab. „Ich habe Ihnen drei Stunden Zeit geschenkt, um sich zu kurieren – Unterrichtszeit. Außerdem habe ich mich dafür eingesetzt, dass Sie sich freier in der Schule bewegen können. Sieht so Ihr Dank aus, Linda?“ Mit einem Mal fühlte sie sich schlecht und sie bereute es, seine Freundlichkeit so sehr ausgenutzt zu haben. Wahrscheinlich hatte sie es damit entgültig vermasselt. Sicherlich würde er nicht mehr so freundlich zu ihr sein, wie bisher. Und eine Strafe hatte so ein unreifes Verhalten bestimmt verdient. Marlon konnte ja auch nichts dafür, dass sie an dieser Schule war. „Was für eine Strafe werde ich bekommen?“ Ihre Stimme zitterte. Marlon wandte sich ab. „Sie werden keine Strafe bekommen, Linda. Ich bin sehr enttäuscht von Ihnen.“ Mit diesen Worten verließ er den Raum. Linda fühlte sich wie geohrfeigt. Jede Strafe wäre besser zu ertragen gewesen, als diese Enttäuschung. Auch wenn sie Marlon nicht besonders gut kannte, war er doch der einzige Mensch an dieser Schule, den sie irgendwie mochte.
Betrübt kletterte sie aus dem Schrank, wütend auf sich, dass sie sich so dumm verhalten hatte. Marlon zu verletzen war das Letzte, was sie gewollt hatte. Er hatte es nicht verdient, so von ihr vorgeführt zu werden. Hätte sie einfach nur die verdammte Tür geöffnet. Sie war doch sonst immer so erwachsen gewesen. Was war das für ein Verhalten von ihr, das andere Menschen bewusst so sehr verletzte? Linda wusste es nicht, aber sie war sich sicher, dass sie dabei war, eine Seite an sich kennen zu lernen, die sie am Liebsten geleugnet hätte.
Feuerwind
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